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Beziehungstrauma und Parentifizierung

Aktualisiert: 10. Feb. 2021

Menschen aus sehr traumatisierten Familiensystemen haben in der Regel ein Beziehungstrauma erlitten. Das heißt: Noch bevor sie ein Selbstwertgefühl entwickeln konnten, waren ihre ersten Beziehungen bereits bestimmt durch eine ganze Serie von Traumatisierungen: emotionale Verlassenheit und Abwertung, Schuldzuschreibungen, seelische und körperliche Gewalt, verbunden mit emotionalem Missbrauch und Überforderung. Eltern, die selber nicht Kind sein konnten (durch eigenes Trauma) können nur schwer Eltern sein für ein eigenes Kind. Sie können ihr Kind nicht wahrnehmen und behandeln als ein autonomes Wesen, das seinen Wert und seine Würde in sich selber trägt. Im Gegenteil neigen sie dazu, unbewusst von ihrem Kind zu erwarten, dass es ihnen das ersetzt, was sie selber als Kind vermisst haben. So lernt das Kind, sich mehr nach den Ansichten und Bedürfnissen der Eltern zu orientieren, um zumindest die Illusion von Anerkennung und Wertschätzung zu haben, die für das eigene Überleben wichtig ist.

In Beziehungsaufstellungen traumatisierter Klienten zeigt sich regelmässig, dass sie dazu neigen, sich mehr im Raum eines belasteten Elternteils zuständig zu fühlen, als in ihrem eigenen Raum, dass sie dazu neigen, diesem Elternteil die Personen zu ersetzen, die ihnen gefehlt haben: einen emotional oder real abwesenden Elternteil, ein verlorenes Geschwister, oder die Anerkennung und den Halt, den diese selber als Kind nicht erfahren haben.

Die ersten Beziehungserfahrungen eines derart betroffenen Klienten war also geprägt von einem emotionalen Benutztwerden. Er konnte nicht die Erfahrung machen, als der gesehen zu werden, der er eigentlich ist, als ein Kind, mit dem angeborenen Recht, angenommen und wertgeschätzt zu werden und eigene Bedürfnisse, eine eigene Wahrnehmung und Meinung haben zu dürfen – unabhängig von Leistung. Diese Erfahrungen wären für die Entwicklung eines Selbstwertgefühls beim Kind erforderlich. Statt dessen machte er die entgegengesetzte Erfahrung, nur dann Wertschätzung und Zuwendung von den Eltern zu bekommen, wenn er sich mehr nach den (fremden) Bedürfnissen und Überzeugungen der Eltern orientiert – statt nach den eigenen.

Die Trauma-Aufstellung zeigt regelmässig: Die Belastungssituation und die damaligen Trauma-Gefühle ( Verlassenwerden, Angst, Ohnmacht, hilflose Wut) und der damit verbundene Kontrollverlust konnte nicht als etwas Vergangenes verarbeitet werden und wurde daher verzerrt symbolisiert gespeichert als etwas, das auch hier und heute noch zur Identität des Klienten gehört (Trauma-Introjekt). Das hat Folgen in mehrerer Hinsicht. Einmal kann dies fehlgespeicherte Trauma und der damit verbundene Kontrollverlust reaktiviert („getriggert“) werden durch Situationen oder Aspekte, die der damaligen Belastungssituation vorausgingen. Zum anderen ist durch das Trauma und den erfahrenen Kontrollverlust die Verbindung – und das Vertrauen – zu dem eigenen SELBST tief erschüttert. Das SELBST wird abgelehnt und abgewertet, als wäre es falsch oder gefährlich.

Drittens wird die Struktur beeinträchtigt: Mit dem Verlust der Unterscheidung Ich versus Nicht-Ich (bzw. heute versus damals) geht auch die Fähigkeit zur Abgrenzung gegenüber dem Fremden (bzw. gegenüber der Vergangenheit!) verloren. Die gesunde Kraft, die sich in der Abgrenzung konstruktiv entfalten könnte, ist durch diese Verwirrung blockiert und richtet sich gegen das Selbst. Dadurch wird die SELBST-Bestimmung und eine selbst-bestimmte Orientierung und damit die Überlebensfähigkeit wesentlich eingeschränkt. Da Beziehungen in Form einer Ich-Du Begegnung kaum noch möglich sind, bleibt dem Klienten als Alternative nur noch eine Beziehung „im Symbiose-Modus“. (Aus Symbiose in Systemaufstellungen)

Bist du an einer Beziehungsaufstellung nach Dr. Langlotz interessiert, kontaktiere mich gerne.



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